Was für ein spannender Nachmittag beim CHIO in der Aachener Soers! Im Großen Preis, mit spektakulären 1,5 Millionen Euro dotiert, gaben die deutschen Reiter eine Galavorstellung. 40 Paare, das Who is Who des Springsports, gingen im ersten Umlauf an den Start, die besten 18 qualifizierten sich für die zweite Runde des Rolex Grand Prix. Dies gelang sechs deutschen Paaren, unter ihnen Vorjahressieger Gerrit Nieberg mit seinem westfälischen Wallach Ben. Zur Titelverteidigung sollte es allerdings nicht kommen, die beiden kassierten einen Abwurf. Ebenso mit einem beziehungsweise zwei Hindernisfehlern verpassten Hans-Dieter Dreher/Elysium und Richard Vogel/United Touch das Stechen.
In der zweiten Runde bleiben Daniel Deußer mit Killer Queen, Marcus Ehning mit Stargold und Philipp Weishaupt mit Zindeday fehlerfrei. Zu ihnen gesellte sich Rodrigo Pessoa mit Major Tom. Der in zwischen 50-jährige Brasilianer hat nach etlichen Jahren Pause wieder in den Spitzensport zurückgefunden. Die Überraschung war der Mexikaner Eugenio Garza Perez mit dem OS-Wallach Contago. Der in Florida lebende 26-Jährige, Nummer 269 der Weltrangliste, hatte zwar im vergangenen Jahr an der Weltmeisterschaft in Herning teilgenommen, dort aber nur Platz 72 belegt, entsprechend hatte niemand von ihm eine solch starke Leistung in einem der anspruchsvollsten Großen Preise der Welt erwartet. Somit hatten sich fünf Reiter ihren Platz im Stechen gesichert. Gleich als erster an der Reihe, patzte der Mexikaner, alle Siegträume waren dahin. Auch Rodrigo Pessoa und Philipp Weishaupt handelten sich einen Abwurf ein. So geriet das Stechen zu einem dramatischen Zweikampf zwischen Daniel Deußer und Marcus Ehning. Deußer legte vor. Mit seiner belgischen Stute Killer Queen flog er regelrecht über den Parcours und erreichte in fehlerfreien 45,73 Sekunden die Ziellinie. In dem mit rund 40.000 Zuschauern besetzten Stadion hätte man die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können, als Marcus Ehning mit dem Oldenburger Hengst Stargold, Sohn des Stakkato Gold, in die Bahn kam. Auch er meisterte die Aufgabe mit Bravour, als Zuschauer hätte man nicht einschätzen können, wer von den beiden flotter gewesen war, aber die Uhr zeigte: Marcus Ehning war rund sechs Zehntel Sekunden schneller als Kollege Deußer. Unbeschreiblicher Jubel im Stadion und ein strahlender Marcus Ehning, der seinen Stargold wieder und wieder klopfte und umarmte. „Ich konnte nicht abschätzen, wie schnell ich sein musste, ich wollte ja auch nicht zu viel riskieren. Umso glücklich bin ich, dass es so gut geklappt hat“, sagte der 49-Jährige, der in seiner langen Karriere bereits zweimal den Großen Preis von Aachen gewinnen konnte: 2006 mit Küchengirl, 2018 mit Pret a Tout. Für seinen furiosen Ritt wurde Ehning mit einem Preisgeld in Höhe von 500.000 Euro (brutto) belohnt. Der zweitplatzierte Daniel Deußer durfte sich mit 300.000 Euro trösten und für Philipp Weishaupt auf dem dritten Platz sprangen immerhin noch 200.000 Euro heraus. Drei deutsche Paare auf dem Podium – die deutschen Springsportfans waren aus dem Häuschen und feierten ihre Helden ausgelassen.