Hohe Wellen schlägt ein am Freitag erschienener, knapp fünfseitiger Artikel im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ über Alkohol-Exzesse und sexuelle Übergriffe junger Springreiter. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung lud am Rande der Bundeschampionate in Warendorf zu einer Pressekonferenz, um zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Neu sind die Ausschweifungen einiger jugendlicher Springreiter bei Turnieren nicht. Immer mal wieder wird von Sachbeschädigung unter Alkoholeinfluss berichtet. So ramponierten beispielsweise einige Junioren vor Jahren Teile des Turniergeländes beim Jugendturnier auf dem Hof Kasselmann, 2017 zerlegten Junge Reiter ein Hotelzimmer bei einem Turnier in Samorin. Im vergangenen Jahr bekamen die Ausschreitungen eine neue Dimension, denn beim Jugendturnier in Aachen stand zusätzlich der Vorwurf der sexualisierten Gewalt im Raum. Die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet. Wenngleich weder der „Spiegel“ noch die FN die Namen der Jugendlichen nennt, ist in der Szene bekannt bzw. anhand der veröffentlichten Informationen unschwer nachzuvollziehen, um wen es sich handelt. Es ist nämlich immer dieselbe Handvoll international recht erfolgreicher Springreiter im Alter von (heute) 18 bis 20 Jahren, die im Alkoholrausch gefährlich über die Stränge schlagen.
Den deutschen Verband trifft die Recherche des „Spiegels“, die offensichtlich von Insidern der Springsportszene unterstützt wird, nicht unvermittelt. FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach räumte ein, dass einige Springreiter dem Alkohol übermäßig zusprechen. Allerdings handele es sich um Einzelfälle. „Die überwiegende Mehrheit unserer Kaderathleten aller Altersstufen benimmt sich gut und nimmt an solch grenzüberschreitenden Aktionen nicht teil.“ Bei den Einzelfällen wurde der Verband auch aktiv und sprach Abmahnungen, Verwarnungen, Kadersuspendierungen und Geldstrafen aus. Geholfen haben diese Maßnahmen offenbar nicht.
Erstmals wurde jetzt von der FN-Disziplinarkommission ein Fall von sexualisierter Gewalt verhandelt. Ende Juli sprach das Gremium ein Urteil und verhängte gegen den 20-jährigen Reiter eine 18-monatige Wettkampfsperre. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Zur Klarstellung: Der „Spiegel“ nennt keinen einzigen Fall, in dem ein Springreiter ein Mädchen vergewaltigt hätte, auch der FN ist, so erklärte Lauterbach, kein Fall bekannt. Aber sexualisierte Gewalt hat viele Facetten.
Nun wird der Verband die Bemühungen, eben jene Springreiter und ihren Alkoholkonsum in den Griff zu bekommen, noch weiter intensiven müssen.