Bis zum buchstäblich letzten Reiter musste Bundestrainer Otto Becker zittern, ob sein Team bei der Europameisterschaft der Springreiter in Mailand die Bronzemedaille gewinnen kann oder mit Platz vier vorliebnehmen muss. Die schwedische Equipe (Foto v.l.) mit Rolf-Göran Bengtsson/Zuccero, Jens Fredricson/Markan Cosmopolit, Wilma Hellström/Cicci, und Henrik von Eckermann/Iliana hatte nur umgerechnet 9,51 Strafpunkte auf dem Konto. Im zweiten entscheidenden Umlauf waren Hellström, Bengtsson und Fredricson fehlerfrei geblieben. Mit 18 Strafpunkten hatten die Iren Michael Duffy/Cinca, Trevor Breen/Highland President, Shane Sweetnam/James Kann Cruz und Eoin McMahon/Mila die Silbermedaille sicher.
So lief es auf ein Duell zwischen Deutschland und Österreich hinaus, wer sich auf dem Bronzerang behaupten würde. Schlussreiterin Alessandra Reich und ihr Oeli verließen den Parcours mit einem Abwurf, so dass es das Austria-Team auf 22,77 Strafpunkte brachte. Nun lag ein gewaltiger Druck auf Gerrit Nieberg, der mit Ben fehlerfrei bleiben musste. Aber so unglücklich, wie das Siegerpaar im Großen Preis von Aachen 2022 bei der Europameisterschaft in Mailand bislang agiert hatte, verlief auch die finale Entscheidung. Nach vier und drei Hindernisfehlern im Zeitspringen bzw. im ersten Umlauf kassierte die beiden zwar nur einen Abwurf, aber der warf das deutsche Quartett, zu dem auch Jana Wargers mit Limbridge, Philipp Weishaupt mit Zineday und Marcus Ehning mit Stargold gehörten, auf Rang vier zurück (25,31).
Ehning trat mit dem Oldenburger Hengst zur zweiten Runde nicht an. Er erklärte: „Ich weiß nicht wirklich, was passiert ist. Wir haben ihn (Stargold) für die Prüfung fertig gemacht und dann hat er was gehört. Er hat sich in der Box fast überschlagen. Er muss sich die Muskeln gezerrt haben. Er fühlt sich nicht wie sonst an, er mochte seinen Rücken über dem Sprung gar nicht öffnen. Ich weiß nicht, ob er sich selbst verletzt hat. Als er aus dem Stall raus gegangen ist, lief er noch normal, nur ein bisschen steif. Er ist nicht lahm, aber läuft nicht wie sonst."
Ein Blick zurück: Nach dem ersten Umlauf am Donnerstag war das „Rennen“ um die Mannschaftsmedaillen noch völlig offen. Deutschland hatte zwar die Führung übernommen und die im Zeitspringen vorne liegende schwedische Mannschaft auf Rang zwei verwiesen, aber auch die Schweizer und die irische Equipe saßen ihnen im Nacken. Nicht einmal ein Fehlerpunkt trennte die vier Teams. Enttäuschend verlief die erste Runde für die eigentlich starken Springsportteams aus Frankreich (Platz 9), Großbritannien (10.) und Belgien (11.). Belgien verpasste damit sogar die zweite Runde.
In der Einzelwertung, die am Sonntagnachmittag auf dem Programm steht, geht der Schwede Jens Fredricson, der Bruder von Peder Fredricson (Einzel-Europameister 2017 und Mannschafts-Weltmeister 2022), als Bester an den Start. Die Prüfungsergebnisse des Zeitspringens und des Nationenpreises werden erneut in Strafpunkte umgerechnet, Fredericson hat also null Punkte. Ihm folgen Steve Guerdat/Dynamix de Belheme (Schweiz, 0,43), Michael Duffy/Cinca (Irland, 2,18), Olivier Perrau/Dorai d’Aiguilly (Frankreich 2,79), Ben Maher/Faltic (Großbritannien 3,13), Philipp Weishaupt/Zineday (4,31), Julien Epaillard/Dubbai du Cedre (Frankreich, 4,61), Henrik von Eckermann/Iliana (Schweden, 4,70), Christian Kukuk/Mumbai (6,04) und Max Kühner/Elektric Blue (6,16). Jana Wargers/Limbrige rangiert an Position 21 (10,28). Am Finale am Sonntag (ab 12 Uhr), das wiederum über zwei Umläufe führt, können die Philipp Weishaupt, Jana Wargers und Christian Kukuk, der als Einzelreiter in Mailand an den Start gegangen war, teilnehmen.