Niemals zuvor wurden bei einem Championat so viele persönliche Bestergebnisse erzielt wie bei der Dressur-Europameisterschaft in Riesenbeck, die nach fünf Hitzetagen mit einer großartigen Kür zu Ende ging. Die drei Einzelmedaillen wurden jenseits der 90 Prozent-Marke entschieden, auch das hat es noch nie gegeben. Die zweite Einzel-Goldmedaille sicherte sich Jessica von Bredow-Werndl mit ihrer 16 Jahre alten Trakehner Stute TSF Dalera BB. Von einem Wechselfehler abgesehen tanzte die Easy Game-Tochter mit ihrer Reiterin makellos, locker, leicht und wie immer zufrieden wirkend zum Sieg. 92,818 Prozent und „personal best“, so wie auch schon im Grand Prix Special zwei Tage zuvor mit 85,593 Prozent ein neues Rekordergebnis zustande gekommen war. Den Fehler in den Wechseln konnte sich Jessica von Bredow-Werndl nicht erklären, aber es gab ja noch die „Jokerline“. Das ist eine Strecke in der Kür, in der missratene Lektionen wie Fliegende Wechsel noch einmal gezeigt werden können. „Ich habe heute erstmals die Jokerline genutzt und konnte die Wechsel noch einmal fehlerfrei zeigen. Sie hat mir den Sieg gerettet“, sagte die 37-Jährige aus dem oberbayerischen Aubenhausen. Aber diese Alternative kostet Konzentration, denn nicht nur die Reiterin muss blitzschnell umschalten, sondern auch das Pferd muss verstehen, dass es nun etwas anderes zeigen muss als in seiner üblichen Kür.
Wenngleich Daleras Sieg nicht unbedingt überraschte, so geriet die Kür auf den vorderen Plätzen doch zu einer spannenden Angelegenheit. Die Dänin Nanna Skodborg und der 15 Jahre alte Blue Hors Zepter, die im Special die Silbermedaille gewonnen hatten, beendeten die Kür mit einem Fehler und 89,546 Prozent. Das sollte für eine Medaille nicht reichen, es wurde Platz vier. Dafür punktete diesmal das Weltmeisterpaar von 2022, die Britin Charlotte Fry und der imposante KWPN-Hengst Glamourdale, die im Special mit Platz vier hatten vorliebnehmen müssen. Für die ausdrucksstarke Galopptour spendierten die sieben Richter wieder häufig die Topnote 10. Insgesamt erzielte auch dieses Paar mit 92,396 Prozent sein „personal best“. Die Britin Charlotte Dujardin „knackte“ ebenfalls die 90 Prozent-Hürde. Mit ihrem zehnjährigen niederländischen Wallach Imhotep sicherte sie sich die Bronzemedaille (91,396).
Als zweitbeste Deutsche behauptete sich Isabell Werth auf dem fünften Platz. Darüber war die Dressurkönigin keineswegs traurig, denn ihr Wallach Quantaz hatte die beste Kür seiner bisherigen Karriere gezeigt. Isabell Werth hatte den Schwierigkeitsgrad nochmal erhöht. „Ich bin echt glücklich, Quantaz ist in der Form seines Lebens. Heute war es nach dem Motto: friss oder stirb, ich habe alles auf eine Karte gesetzt.“ Das Konzept ging auf, der Quaterback-Sohn, der gerne auch mal Faxen im Viereck macht, spielte zuverlässig mit: 88,407 Prozent – noch eine persönliche Bestleistung.