Bei den Olympischen Spielen in Paris hat Michael Jung Geschichte geschrieben. Er wurde in Versailles zum dritten Mal Olympiasieger in der Vielseitigkeit, gewann seine vierte olympische Goldmedaille insgesamt. Mit seinem Sieg setzte er außerdem die Erfolgsserie deutscher Vielseitigkeitsreiter bei Olympischen Spielen fort, die 2008 mit Hinrich Romeike und Marius in Peking/Hongkong begann, über London und Rio (Jung und Sam) und Julia Krajewski und Amande de B’Neville in Tokio führte und nun in Paris Jung mit seinem 16-jährigen Hannoveraner Chipmunk FRH v. Contendro I den vorläufigen Höhepunkt erlebt hat.
Der Tag im Rückblick
16 Uhr: Michael Jung gewinnt als bislang einziger Vielseitigkeitsreiter zum dritten Mal den Einzeltitel bei Olympischen Spielen. Als letzter Starter behielt er die Nerven, auch wenn die Reiter vor ihm mit ihren Nullrunden den Druck immer mehr erhöhten. Als Jung fehlerfrei ins Ziel kam, war der Jubel riesig.... hier wurde Geschichte geschrieben. „Es ist mehr als Freude, ich habe wackelige Knie. Ich bin so dankbar meinem Pferd gegenüber. Ich habe wieder nicht alles ideal erwischt. Er hat mich nochmal richtig gerettet auf der letzten Linie“, sagte Jung, noch völlig überwältigt, im TV-Interview. „Ich habe dreimal auf die Tafel gucken müssen, ob das jetzt tatsächlich stimmt. Ich bin grad ein bisschen geflasht, ich bin überglücklich. Das war eine gigantische Woche. Ich muss das jetzt erstmal alles ein bisschen verinnerlichen. Ich habe versucht, alles andere auszublenden und mich nur auf mich und mein Pferd zu konzentrieren. Das hat spitze geklappt und auch wie Chippie sich konzentriert hat, das ist einfach fantastisch!"
15:30 Uhr: Platz elf für Julia Krajewski und Nickel
Ein gutes Ende nehmen die Olympischen Spiele für Titelverteidigerin Julia Krajewski, die als Reservistin gestartet war und mit dem noch recht unerfahrenen Nickel Platz elf belegte. Auch sie blieb im zweiten Springen fehlerfrei. Ihr Fazit. „Ich bin einfach völlig begeistert von Nickel. Also mit jedem Mal, das ich da drauf sitze, habe ich das Gefühl, ist er nochmal besser und nochmal gewachsen. Jetzt die zweite Runde ist er noch besser gesprungen als die erste, obwohl ich eigentlich gar nicht so ideal geritten bin. Aber das hat man vielleicht auch gar nicht so gesehen, das hab ich nur gemerkt. Er ist ganz ganz toll. Ich konnte es auch wirklich genießen, jetzt mal mit so einer Kulisse. Die gab es ja in Tokio nicht und je weiter man dann vorne liegt, desto mehr Druck macht man sich natürlich auch selbst. Aber jetzt konnte ich einfach reinreiten und sagen, okay, das machst du jetzt hier für dich und für dein Pferd und das war echt cool und hat richtig Spaß gemacht!
13:40 Uhr: Teamwertung entschieden - Jung bleibt in der Einzelwertung vorne
Unglaublich! Es bleibt dabei. Michael Jung bleibt mit seinem Ergebnis von 21,8 Minuspunkten weiter auf Goldkurs. Beinahe hätte ihn Laura Collett noch überholt, doch die Britin machte mit London am letzten Hindernis ebenfalls einen Fehler und kassierte dazu 0,8 Zeitstrafpunkte: 23,1 Minuspunkte ihr Zwischenstand - Platz drei. Dennoch riss sie jubelnd die Hände in die Höhe, denn ihrem Team war trotz des Fehlers der Sieg nicht zu nehmen. Mit 91,3 Minuspunkten gewinnt Großbritannien Gold vor Frankreich (103,6 Minuspunkte) und den Japanern, die sich trotz Einwechseln des Ersatzreiters vor dem Springen zurück aufs Treppchen kämpften. Die deutsche Mannschaft beendet die Prüfung wie erwartet auf Platz 14 (283,30 Minuspunkte).
13:09 Uhr: Jung und Chipmunk FRH machen es spannend
Michael Jung und Chipmunk FRH starten sicher und souverän - dann allerdings auf der letzten Linie, dem Einsprung in die zweifache Kombination, eine Stange: 4 Strafpunkte. Dank des Vorergebnisses bleibt Jung mit 21,8 Minuspunkten zunächst auf Platz eins. Allerdings hat es jetzt die Britin Laura Collett in der Hand, mit einer Nullrunde wieder ganz nach vorne zu reiten. „Ich hatte gut Schwung über den Oxer (davor), normalerweise springt er ein bisschen nach rechts, dieses Mal ist er wirklich gerade geblieben, ich war ein Stück zu weit innen, als eigentlich geplant war, war zu dicht an der Kombination. Er ist vorne super losgesprungen, hat am Ende die Weite nicht gekriegt. Ich hätte besser reiten müssen. Jetzt ist der Fehler passiert. Jetzt müssen wir ihn nachher noch einmal ganz konzentriert abreiten und im nächsten Parcours hoffentlich alles ideal treffen.“
12:30 Uhr: Kein Abwurf bei Julia Krajewski und Nickel
Julia Krajewski und Nickel liefern wieder ab: Keine Stange fällt im Parcours, lediglich mit der Zeit wird es etwas knapp: 0,4 Strafpunkte kommen zu ihrem Ergebnis hinzu: 32,1 Minuspunkte - damit ist der Einzug ins Einzelfinale gesichert. Julia Krajewski: "Ich habe es schon ein paarmal gesagt, aber ich bin sehr sehr stolz auf Nickel. Er überrascht mich in den letzten Wochen fast jeden Tag aufs Neue und heute noch einmal mehr. Wer so ein bisschen die Vorergebnisse studiert hat, der weiß vielleicht, dass er am letzten Tag noch nie null gesprungen ist, er hatte immer so einen Netzroller. Und das ist natürlich einfach der perfekte Tag, um das erste Mal null zu springen – bei den Olympischen Spielen, bei so einer Kulisse. Er fühlte sich super an. Ich bin nach wie vor stolz auf ihn, und immer mehr.“
11:30 Uhr: Versöhnliche Nullrunde für Wahler und Carjatan S zu Auftakt
Christoph Wahler und Carjatan S drehen eine blitzsaubere Nullrunde im Parcours. Wie ärgerlich für ihn und das deutsche Team, dass er gestern nicht ins Ziel gekommen ist. „98 Prozent dieser ganzen Geschichte war, glaube ich, richtig gut und am Ende ist es trotzdem ein katastrophales Ergebnis. Das ist natürlich frustrierend, wenn man sieht, wie Carjatan heute springt, wie das Springen heute geklappt hat, da wäre alles möglich gewesen. Er war jetzt perfekt vorbereitet, er war topfit. Jetzt zu wissen, dass man heute sogar eventuell noch eine zweite Springrunde hätte drehen können und, und, und… das ist jetzt einfach ein bisschen fies gerade", zog Wahler sein Fazit. Dennoch ist es ein versöhnliches Ende nach gestern „Total, vor allem zu merken, wie gut er drauf ist, das ist ja das Wichtige. Er hat es mega weggesteckt, er weiß überhaupt nicht, was los war, außer dass es ein relativ kurzes Gelände war gestern. Er ist heute überragend gesprungen, das tut er ja wirklich ganz, ganz häufig. Das war ja keine Eintagsfliege, dass er null im Springen ist, das macht er meistens. Er hat mir dasselbe Gefühl gegeben wie immer und das macht dann schon richtig Spaß."
7:40 Uhr: Alle deutschen Pferde passieren die Verfassungsprüfung
Bevor es heute losgeht, stellen sich die Pferde einer Verfassungsprüfung. Und hier gibt es gute Nachrichten: Alle deutschen Pferde durften „passieren“. Damit wird neben dem in der Einzelwertung führenden Michael Jung mit Chipmunk FRH und Julia Krajewski (mit Nickel auch Christoph Wahler an den Start gehen. Wahler und Carjatan S waren zwar im Gelände gestern ausgeschieden, was das Team 200 Strafpunkte kostete, dürfen aber im ersten Springen zum deutschen Teamergebnis beitragen. Das erste Springen beginnt um 11 Uhr.
Hier noch ein kleiner Überblick über den Zwischenstand: Michael Jung und Chipmunk FRH führen mit nur 17,8 Minuspunkten das Feld vor dem Springen an. Dank ihrer Nullrunde im Gelände konnten sie die nach Dressur führende Laura Collett mit London überrunden. Die Britin war zwei Sekunden zu langsam, so dass sich ihr Zwischenstand auf 18,3 Minuspunkte erhöhte. Mit leichtem Abstand folgen der Australier Christopher Burton mit Shadow Man (22,0) und der Schweizer Felix Vogg mit Dao de L’Ocean auf den Plätzen drei und vier. Fünfter ist derzeit der Japaner Yoshiaki Oiwa, der allerdings etwas um seinen Start bangen musste, da sein Pferd MGH Grafton Street in die Holding Box geschickt und erst nach einem zweiten Vortraben die Verfassungsprüfung passieren durfte. Julia Krajewski, die mit einer sicheren, wie mannschaftsdienlichen Runde den Auftakt im Gelände gemacht hatte, rangiert mit 31,7 Minuspunkten auf Platz 14.
In der Teamwertung übernahm Großbritannien schon in der Dressur die Führung, musste allerdings im Gelände ebenfalls etwas Federn lassen. 0,8 zusätzliche Strafpunkte gab es für Laura Collett, die amtierende Europameisterin Rosalind Canter und Lordships Graffalo mussten sich eine „missed flag“ und damit 15 Strafpunkte anrechnen lassen und fiel damit im Einzelranking auf Platz 24 zurück. Mit einem Zwischenstand von 82,5 Minuspunkten bleiben die Briten aber weiter an der Spitze vor den Franzosen mit 87,2 Minuspunkten. Pech hatten die überraschend auf Platz drei rangierenden Japaner. Zwei ihrer Pferde wurden in die Holding Box geschickt, während Oiwa allerdings weitermachen darf, zog Ryuzo Kitajima sein Pferd Cekatinka zurück, so dass hier der Ersatzreiter zum Einsatz kommt. Von Platz drei starten daher die Schweizer ins Springen. Sie bringen 102,4 Minuspunkte mit.
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