Foto: Stefan Lafrentz

Paralympics: „Alle wirklich auf Angriff!“

“Game Is Not Over” – die Spiele sind noch nicht vorbei. Mit diesem Slogan haben die Organisatoren direkt nach den Olympischen Spielen deutlich gemacht, dass Paris 2024 noch nicht zu Ende ist. Schon Ende August heißt die französische Metropole noch einmal Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt willkommen. Am 28. August macht eine Eröffnungszeremonie auf dem Place de la Concorde den Auftakt für die Paralympischen Spiele 2024, bei denen 4.400 Athleten elf Tage lang in 22 paralympischen Sportarten an den Start gehen. Auf dem Programm stehen 549 Veranstaltungen in 19 außergewöhnlichen Wettkampfstätten, die bereits die Zuschauer der Olympischen Spiele begeistert haben. Mit dabei sind auch die Para-Dressurreiter, die ab 3. September vor der sensationellen Kulisse von Schloss Versailles an den Start gehen werden. Erstmals als Bundestrainerin bei Paralympics dabei ist Silke Fütterer-Sommer. Was das für sie bedeutet und wie sich ihr Team zusammensetzt, verrät sie im Interview.

Was waren für Sie die wichtigsten Kriterien bei der Zusammenstellung Ihres Olympia-Teams?
Silke Fütterer-Sommer: Für uns war besonders wichtig: Wer ist am beständigsten? Welche Paare sind am stabilsten? Wer kann gut mit Druck umgehen, wer ist wie nervenstark – auf Reiter und Pferde-Seite? Da spielt vielleicht auch eine Rolle, wer gut mit Wetter umgehen kann? Wenn es beispielsweise in Strömen regnet – das sind alles Situationen, die durchaus auch manchmal entscheidend sein können.

Erstmals wurden in Balve auch die Deutschen Meisterschaften der Para-Dressurreiter ausgetragen – war das ein wichtiger Pfeiler auf Ihrem Sichtungsweg?
Silke Fütterer-Sommer: Unbedingt, das war für uns ganz toll. Zum ersten Mal hatten die Para-Reiter richtig Aufmerksamkeit, das war außergewöhnlich. Da war dann auch schon ein bisschen mehr Druck, dadurch dass mehr Öffentlichkeit und die ganzen guten Regelsportler dabei waren. Es war für uns sehr interessant, wie die Reiter damit umgehen und wie die Pferde auf die Kulisse reagieren.

Ihr Olympia-Team – würden Sie es uns in Kürze beschreiben?
Silke Fütterer-Sommer: Gerne, aber zunächst vielleicht eine Erklärung: Wir treten – anders als in den anderen Disziplinen – mit vier Reiterinnen an, die auch alle die Einzelwertung und gegebenenfalls auch die Kür reiten dürfen. Nur die Mannschaft wird zu dritt geritten. Bei den Reiterinnen fange ich mal mit Anna-Lena Niehus an. Sie hatte eine sehr gute Saison, sie war immer Erste oder Zweite, bei jeder Runde. Nach ihrer Babypause im vergangenen Jahr ist sie richtig stark zurückgekommen. Und ihre Stute Quimbaya ist wahnsinnig talentiert, ausdrucksstark und sensibel, ein sehr charismatisches Paar. Quimbaya kann auch schon mal nervös werden, aber Anna-Lena ist als Berufsreiterin sehr routiniert und kann ihr die nötige Sicherheit geben. Heidemarie Dresing hat ihre Leistungen vom letzten Jahr noch mal bestätigt und ist noch routinierter geworden. Letztes Jahr war die erste Saison für das Pferd, für Dooloop, und da waren wir alle schon total glücklich, dass die beiden so toll zusammenpassen und das Paar gleich Doppel-Europameister wurde. Dieses Jahr hat Heidemarie so gut abgeliefert, sie ist für mich definitiv eine Kandidatin für eine Einzelmedaille in ihrem Grade. Dritte im Bunde ist Regine Mispelkamp – auch sie ist eine wahnsinnig routinierte Reiterin, die mit sehr viel Druck umgehen kann. Auch Regine ist Berufsreiterin und hat sehr viel Prüfungs-Erfahrung. Das ist ein Riesenplus! In Paris wird uns eine enorme Kulisse erwarten, was man von den Bildern sieht. Da ist es natürlich umso wichtiger, dass Erfahrung und Routine im Team vorhanden ist. Highlander Delight’s ist ein Pferd mit sehr viel Ausdruck und Temperament, der immer eine tolle Schritt-Tour und guten Bergauf-Galopp hat. Sehr traurig ist, dass wir kurz vor den Spielen die Schimmelstute Nautika verloren haben. Für sie und Martina Benzinger ist Isabell Nowak nachgerückt, die als Reservistin ihr Pferd Siracusa OLD schön fit gehalten hat. Sie hatte eine erfolgreiche Saison mit einer guten Leistungssteigerung zum Ende und war auch bei allen Trainingsmaßnahmen für Paris mit dabei, so dass ich sicher bin, dass sie uns in Paris gut vertreten wird. Alle Paris-Kandidaten sind auf jeden Fall richtig ehrgeizig, wirklich auf Angriff und sie haben sich alle vorgenommen, mit einer Medaille nach Hause zu kommen.

Woher kommt Ihre größte Konkurrenz?
Silke Fütterer-Sommer: Wir haben richtig starke Konkurrenz. Wir gehen wirklich mit einer sehr guten Mannschaft nach Paris, aber die USA haben auch eine unglaublich starke Truppe, die Niederländer ebenso – ich denke, das werden die beiden Nationen sein, die es zu schlagen gilt. Die Briten sind auch nicht zu unterschätzen. Es wäre natürlich der Oberknaller, wenn wir eine Team-Medaille mit nach Hause nehmen könnten. Alle müssen einen richtig guten Tag haben und abliefern – aber das müssen die anderen Teams auch. Wir haben eine reelle Chance!

Es werden die ersten Paralympischen Spiele für Sie als Bundestrainerin – was bedeutet das für Sie?
Silke Fütterer-Sommer: Ich gebe zu, dass ich bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr sehr aufgeregt war, weil es mein allererstes Championat als Bundestrainerin war. Aber das jetzt ist natürlich eine andere Hausnummer. Wenn ich die Bilder von Versailles sehe, dann kriege ich jedes Mal eine Gänsehaut und merke, wie mein Puls deutlich nach oben schießt. Ich glaube, wenn wir uns das erste Mal das Stadion angucken, werden wir da alle mit offenem Mund stehen. Auch im Vorfeld ist es schon sehr aufregend: Allein die Anprobe für die Olympia-Kleidung hat unglaubliche Vorfreude ausgelöst.

Was wäre Ihr größter Wunsch?
Silke Fütterer-Sommer: Ich habe gehört, dass die Tickets für die Para-Dressur total ausverkauft sind. Das wäre einfach toll, wenn wir auch mal vollere Tribünen hätten. Das ist für den Para-Sport nicht so selbstverständlich und das sind unsere Pferde auch noch nicht so gewohnt. Aber das wäre für uns ganz wichtig.

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