Kaum jemand hätte auf das deutsche Vielseitigkeitsteam als neuen Weltmeister gewettet, zu stark waren die britischen Buschexperten in der jüngsten Vergangenheit. Doch auch haushohe Favoriten können stürzen, wie das siegreiche Olympia-Trio mit Tom McEwen, Oliver Townend und Laura Collett, dazu als Vierte Rosalind Canter, bei der Weltmeisterschaft in Pratoni del Vivaro schmerzlich erfahren musste. Statt der erhofften Goldmedaille verpassten die Briten sogar noch Silber und Bronze und mussten sich schließlich mit Platz vier zufrieden geben. Dafür freuten sie sich aber über die Einzel-Goldmedaille ihrer 25-jährigen WM-Debütantin Yasmin Ingham mit Banzai du Loir, die nicht zum Team gehörte, sondern als Einzelstarterin angetreten war.
Die deutsche Equipe, die schon nach der Geländeprüfung am Vortag die Führung vor den Briten übernommen hatte, erlebte im abschließenden Parcoursspringen eine emotionale Achterbahnfahrt. Christoph Wahler blieb zwar mit seinem Holsteiner Carjatan fehlerfrei (Gesamtergebnis 42,4, Platz 22), aber Sandra Auffarths Franzose Viamant Du Matz patzte mehrmals und verließ den Parcours mit zwölf Fehlerpunkten (gesamt 43,3, Platz 23). „Das war heute richtiger Sport, rauf und runter. Gestern hatten wir ein sehr anspruchsvolles Gelände, sehr anstrengend für die Pferde und dafür heute einen sehr anspruchsvollen Parcours. Ich glaube, es steckte ihm schon noch das Gelände in den Knochen“, sagte die Weltmeisterin von 2014.
Olympiasiegerin Julia Krajewski und ihrer französische Stute Amande de B’Neville („Mandy“) gelang eine phantastische, fehlerfreie Runde. Sie konnte sich damit vom Platz fünf nach Dressur und Gelände noch auf den Silberrang vorarbeiten und ihrer Titelsammlung nun „Vize-Weltmeisterin“ hinzufügen (gesamt 26,0). „Mandy wusste mal wieder, worauf es ankommt. Sie ist ein abnormales Pferd, es war ein abnormales Springen, sie war nicht einmal an einer Stange, ein Megagefühl. Und das war kein A-Springen an einem Sonntagnachmittag, sondern richtig anspruchsvoll“, sprudelte es aus ihr heraus. Schlussreiter Michael Jung und der Hannoveraner fischerChipmunk, nach Dressur und Gelände führend, erwischten nicht ihren besten Tag. Einen Fehler hätte sich Jung leisten können (was auch geschah), ohne Gold zu gefährden, aber am letzten Hindernis fiel noch eine Stange - acht Fehlerpunkte im Parcours, es wurde Rang fünf mit 26,8 Punkten. Er sagte: „Ich habe keine Ahnung, woran es gelegen hat. Er war super drauf, ich hatte ein gutes Gefühl. Es war ein schweres Springen und spannend bis zum Schluss. Aber ich muss sagen, wir haben als Team super gekämpft.“
Hinter der deutschen Mannschaft (95,2 Minuspunkte) behauptete sich das US-Team (103,3), knapp gefolgt von den Neuseeländern auf dem Bronzerang (100,7). Deren bester Reiter war Tim Price mit Falco, der in der Einzelwertung die Bronzemedaille gewann.
Foto: Das deutsche Goldteam mit (v.l.) Sandra Auffarth, Julia Krajewski, Bundestrainer Peter Thomsen, Christoph Wahler und Michael Jung. Foto: Stefan Lafrentz